Der Schöpfer eines neuen Schmißbergs: Richard Molter kämpfte hart für seine Gemeinde. Sein Vermächtnis aus Leidenschaft und Durchsetzungsvermögen lebt fort.
vom 1. November 2022 I von Sebastian Grauer
Richard Molter mit Ehefrau Erna und Enkelinnen.
Dieser Text ist zu erst in der Schmißberger Dorfchronik „Schmißberg 1367 bis 2022“ erschienen.
Aus einem geöffneten Fenster eines großen Bauernhauses in der Schmißberger Hauptstraße schallt Musik, gefolgt von breitem hessischem „Gebabbel“. Die Musik und der Gesang kommen aus einem Fernseher. Dort läuft die Sendung „Zum Blauen Bock“, moderiert von Heinz Schenk. Vor dem Fernseher sitzt Richard Molter. Es ist neben politischen Diskussionsrunden eine seiner Lieblingsfernsehsendungen. Eine typische Situation im Schmißberger Sommer im Jahr 1966 könnte sich also genauso dargestellt und angehört haben. Zu diesem Zeitpunkt hatte Richard Molter schon einige Jahre Erfahrung in der Kommunalpolitik sowie als Ortsbürgermeister gesammelt. Bereits von 1930/31 bis 1933 war er Mitglied des Bürgermeisterbeirates des Amtes Niederbrombach.
Im Jahr 1949 wurde er zum ersten Mal zum Ortsbürgermeister der Doppelgemeinde Elchweiler-Schmißberg gewählt. Das Amt hatte er bis 1952 inne. Danach diente er der Doppelgemeinde einige Jahre als Beigeordneter. 1957 wurde Landwirt Molter erneut zum Bürgermeister gewählt. Er blieb es weitere fünf Jahre. Doch das alles war erst der Anfang der kommunalpolitischen Karriere von Molter.
Ortstrennung war erster großer „Kampf“
Elchweiler und Schmißberg wurden im Jahr 1962 getrennt. Der Mainzer Landtag hatte ein Gesetz verabschiedet, wonach die Gemeinden, die 1933 von den Nationalsozialisten zwangsfusioniert worden waren, wieder eigenständig werden sollen. Die Trennung der Gemeinden Elchweiler und Schmißberg ging maßgeblich auf einen dreijährigen politischen „zähen Kampf“ von Richard Molter zurück. Er war es auch, der das erste Ortsbürgermeisteramt der ab diesem Zeitpunkt eigenständigen Gemeinde Schmißberg antrat. Richard Molter setzte sich mit der Trennung der Gemeinden seinen ersten Meilenstein. Er gewann seinen ersten großen politischen Kampf. Seinen Wegbegleitern blieb keine Situation in Erinnerung, an denen Richard Molter einmal keine Lust auf die Arbeiten als Bürgermeister hatte. Die anstehenden Amtsgeschäfte erledigte er mit voller Leidenschaft, die Landwirtschaft vernachlässigte er deswegen hin und wieder. Diese verlangte von ihm aber weiter vollen Einsatz.
Dorfchronik
Dieser Artikel ist Teil der im Herbst 2022 erschienenen Schmißberger Dorfchronik „Schmißberg 1367 bis 2022“. Die Chronik mit mehr als 230 Seiten kann zum Preis von 23 Euro bei Ortsbürgermeister Rudi Weber (06782 – 40439) erworben werden.
Die Kühe, Pferde, Schweine und Hühner mussten versorgt werden. Einige seiner sieben Enkelinnen und Enkel berichten, wie sie ihrem Opa eine Freude damit gemacht haben, wenn sie ihm den voll beladenen Anhänger mit Rüben entluden. Ihr Opa habe sich dann sichtlich gefreut und seine jungen Helferinnen und Helfer aus Überzeugung ehrlich gelobt, sagen sie. Vermutlich wusste Richard Molter in diesem Moment ganz genau, dass er jetzt wieder mehr Zeit für Schmißberg, sein Ortsbürgermeisteramt und damit für seine Leidenschaft hatte. Für ihn war klar: Wenn es als Ortsbürgermeister etwas zu tun gab, war er zur Stelle. Auch wenn eigene Interessen dann warten mussten. Molter war ein gutmütiger Mensch, der aber auch meinungsstark war und sich durchsetzen konnte.
Molter war hartnäckig
Die Konsequenzen seines Durchsetzungsvermögens sind in Schmißberg heute noch zu sehen. Darunter beispielsweise das Gemeinschaftshaus, das von 1966 bis 1968 gebaut wurde. Ein Projekt, das den Schmißbergern viel abverlangte, denn es wurde fast ausschließlich mit ehrenamtlichen Helfern und viel Eigenleistung gestemmt. Richard Molter war in der Bauzeit ebenfalls rund um die Uhr im Einsatz.
Richard Molter mit Ehefrau Erna und Enkelinnen.
Immer wieder ist er nach Birkenfeld gefahren, um für das Projekt zu werben. Ständig war er in der Kreisstadt. Den Entscheidungsträgern in den Verwaltungen war er deshalb gut bekannt. Der damalige Landrat des Landkreises Birkenfeld, Dr. Walter Beyer, sagte während der Einweihung des Gemeinschaftshauses im August 1968: „Wenn ich Herrn Ortsbürgermeister Richard Molter vorne die Tür rausschmiss, kam er hinten wieder herein, um noch einen Zuschuss zu erreichen.“
Schmißberg wurde größer
Meinungsstark war Molter auch, als die Gemeinde in den 70ern eine Kanalisation bekam. Die zweijährige Großbaustelle von 1970 bis 1972 mitten in der Hauptstraße gefiel nicht jedem. Doch Molter pochte auf dieses Projekt. Er war fest davon überzeugt, dass der Kanal wichtig für die Zukunft Schmißbergs ist. Auch wegen der Neubaugebiete Am Stabsberg, der Waldstraße und Im Grünesfeld. In den Straßen waren etwa 70 Bauplätze entstanden. Schmißberg begann schnell zu wachsen. Ein Erfolg, den Molters Nachfolger Erich Geiß in großen Teilen Molter zuschreibt. In einer Rede im Jahr 1977 blickte er auf die Geschehnisse zurück und sagte, dass sich die Einwohnerzahl dank des Engagements von Richard Molter, in dessen Amtszeit verdreifacht hatte. Molters Wille, in die Zukunft zu schauen, brachte die Gemeinde voran.
Dorfchronik
Dieser Artikel ist Teil der im Herbst 2022 erschienenen Schmißberger Dorfchronik „Schmißberg 1367 bis 2022“. Die Chronik mit mehr als 230 Seiten kann zum Preis von 23 Euro bei Ortsbürgermeister Rudi Weber (06782 – 40439) erworben werden.
Die Entwicklungen in Schmißberg blieben auch in Mainz und in der damaligen Bundeshauptstadt Bonn nicht unbemerkt. Die Teilnahme am Bundeswettbewerb „Unser Dorf soll schöner werden“ sorgte für durchschlagende Erfolge sowohl auf Landes- als auch auf Bundesebene.
Große Erfolge bei Dorfverschönerungswettbewerb
Am 22. Juli 1968, als die Gemeinde Schmißberg einen ersten wichtigen Erfolg im Wettbewerb „Unser Dorf soll schöner werden“ erzielte und eine Goldplakette auf Landesebene gewann, titelt die Lokalzeitung euphorisch „Triumph des Gemeinschaftsgeistes“. Der Autor sah Richard Molter als Schöpfer eines neuen und modernen Schmißbergs.
Im Artikel heißt es: „Der Mann, dem es gelang, die Einwohner über sechs Jahre hinweg für die Dorfverschönerung zu begeistern, der gegen Schwierigkeiten, die von Fachleuten als unüberwindlich eingeschätzt wurden, den Bau eines Dorfgemeinschaftshauses durchsetzte, ist Bürgermeister Richard Molter.“ In dem Artikel wird er als „zäher“ Bürgermeister beschrieben, der Menschen überzeugen kann. Weiter schreibt der Autor: „Bürgermeister Molter ist ein weitsichtiger Mann.“ Molter selbst wird ebenfalls zitiert. Er antwortet auf die Frage, warum er dies alles tue. Seine Antwort: „Die Jugend sagt, wir haben nichts im Dorf; also mußten wir etwas tun, um sie im Dorf zu halten.“ Es bleibt festzuhalten, dass vor allem in den Siebzigern und Achtzigern die lokale Presse Richard Molter sowie Schmißberg mit Komplimenten überhäuft – alle Augen waren in dieser Zeit auf Schmißberg gerichtet.
Presse bejubelt Molter
Die Gemeinde und insbesondere Richard Molter wurden in der Presse bejubelt, den Redakteuren der Nahe-Zeitung ist keine Überschrift „groß“ genug. Von „Mit Gemeinschaftshaus sich selbst ein Denkmal gesetzt“ bis „Große Verdienste um kleinen Ort“ wird keine Gelegenheit ausgelassen, um auf die Verdienste von Richard Molter hinzuweisen. Die Zeitung veröffentlichte anlässlich des 69. Geburtstags von Molter sogar einen zwei Spalten großen Artikel. Für einen Bürgermeister einer Gemeinde mit zu diesem Zeitpunkt etwas mehr als 100 Einwohnerinnen und Einwohnern war das bemerkenswert.
Der Höhepunkt für Ortsbürgermeister Richard Molter kam im Jahr 1969: Die persönliche Ehrung der Gemeinde in Bonn. Der damalige Bundespräsident Gustav Heinemann zeichnete Schmißberg mit dem zweiten Platz aus, schüttelte Richard Molter die Hand. Erich Geiß berichtete später in einer Rede: „Wahrlich ein stolzer Erfolg und welch ein für Herrn Molter erhebendes Gefühl, in der Bad Godesberger Stadthalle in Anwesenheit der Schmißberger Dorfgemeinschaft aus der Hand des damaligen Bundespräsidenten den Silberteller in Empfang nehmen zu dürfen.“
Amt 1977 niedergelegt
Insgesamt acht Jahre blieb Richard Molter von diesem Zeitpunkt an noch Bürgermeister. Im September 1977 legte er sein Amt nieder, stellte es wegen Krankheit und seines Alters von 75 Jahren zur Verfügung. Die Ära Molter, die des ersten Ortsbürgermeisters nach dem Zweiten Weltkrieg, die eines Herzblut-Schmißbergers, ging zu Ende.
Richard Molter bekommt die Ehrenbürgerwürde verliehen 1977
Die Gemeinde würdigte seine Leistungen. Der Gemeinderat verlieh Richard Molter im gleichen Jahr die bislang einzige Ehrenbürgerschaft der Gemeinde Schmißberg. Die Urkunde wurde ihm im Schmißberger Gemeinschaftshaus im November 1977 feierlich übergeben. Es war eine lebhafte Feier, berichten Zeitzeugen. Musiker aus Schmißberg gaben ihre Stücke zum Besten, Bilder wurden gezeigt, Kaffee und Kuchen serviert. Die Feierlichkeit dürfte ganz im Sinne von Richard Molter gewesen sein, denn, so sagen seine Nachkommen und Zeitzeugen, auch er war ein geselliger Mensch, der gerne feierte. Vermutlich gefiel ihm deswegen die Sendung „Zum Blauen Bock“ auch so gut, in der ebenfalls viel gesungen und gelacht wurde.
Molter verstarb 1981
Richard Molter starb im Alter von 79 Jahren am 26. Februar 1981. Die Beerdigung von Molter war am 8. März 1981 ebenfalls Thema in der Nahe-Zeitung. Erich Geiß, der den Posten von Richard Molter übernommen hatte und zuvor der Erste Beigeordnete der Gemeinde war, wird mit den Worten zitiert: „Er war mit Leib und Seele erster Bürgermeister dieses Ortes und uns bleibt die Verpflichtung, das zu erhalten und zu mehren, was er geschaffen hat.“
Disclaimer – Dorfchronik
Die im Herbst 2022 erschienene Schmißberger Dorfchronik stellt eine beeindruckende Lektüre dar. Die Dorfchronik erhellt nicht nur die Geschichte Schmißbergs ab der ersten urkundlichen Erwähnung 1367, sondern behandelt auch die zahlreichen archäologischen Funde aus keltischer und insbesondere auch aus römischer Zeit. Florian Tanz vom Fachbereich Klassische Archäologie der Uni Trier stellt in der Schmißberger Dorfchronik beispielsweise in einem reich bebilderten Aufsatz die Forschungsgeschichte und die zahlreichen Befunde aus dem heutigen Schmißberger Umfeld dar.
Dorfchronik behandelt auch gesellschaftliches Leben
Daneben enthält die Dorfchronik aber auch zahlreiche Texte von Schmißbergerinnen und Schmißbergern, die das gesellschaftliche Leben der Gemeinde in der Vergangenheit und der Gegenwart abbilden. Darunter beispielsweise Berichte über die Feste in der Gemeinde sowie der Umbau des Schmißberger Schlachthauses in eine Dorfkneipe.
Die Arbeiten an der Schmißberger Dorfchronik dauerten etwas zwei Jahre. Das Buch ist während der Dorfmoderation und der Corona-Pandemie entstanden, was ein Arbeiten in Präsenz erschwerte. Herausgeber der Dorfchronik ist der Verein für Heimatkunde im Landkreis Birkenfeld.
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