Mit seiner Wünschelrute fand Hobbyarchäologe Winfried Caspari nicht nur Wasseradern, sondern auch Schmißbergs verborgene Geschichte.
vom 1. November 2022 I von Rudi Weber
Winfried Caspari bei Ausgrabungen im Jahr 1984
Dieser Text ist zu erst in der Schmißberger Dorfchronik „Schmißberg 1367 bis 2022“ erschienen.
Winfried Caspari war mir seit meinen ersten Kontakten in der Gemeinde Schmißberg als vielseitig interessierter, humorvoller Mensch bekannt. Er war nicht nur in Schmißberg eine feste Größe als Büttenredner im Karneval. Legendär ein Sketch, den er zusammen mit seinem Nachbarn Adolf Schuch sehr oft und immer wieder mit durchschlagendem Erfolg aufführte: „Der Schereschleffer“ – Lachtränen garantiert!
Auf seine fundierten Kenntnisse und sein archäologisches Gespür im Erforschen der Geschichte seiner Heimatgemeinde Schmißberg wurde ich richtig aufmerksam, als meine Frau Ute und ich im Juni 1993 unseren Neubau im alten Dorf begannen. Winfried hatte mir angeboten, die Bebauungsfläche mit Hilfe einer Wünschelrute auf Wasseradern zu untersuchen. Gerne nahm ich das Angebot an, da mir das Erfahrungswissen und die Intuition der älteren Generationen nie unwichtig waren.
Dorfchronik
Dieser Artikel ist Teil der im Herbst 2022 erschienenen Schmißberger Dorfchronik „Schmißberg 1367 bis 2022“. Die Chronik mit mehr als 230 Seiten kann zum Preis von 23 Euro bei Ortsbürgermeister Rudi Weber (06782 – 40439) erworben werden.
Mir war bekannt, dass Obstbäume, die auf unterirdischen Wasseradern gepflanzt wurden, oft nur dahinkümmern und sich zu verkrüppelten Bäumen entwickeln. Auch hatte ich gelesen, dass manche Menschen unter Schlafstörungen litten oder ernsthaft krank wurden, weil sie sensibel auf Wasseradern reagierten. Viele Menschen, die Wünschelrutengänger schnell als Scharlatane abtun, sind vielleicht ins Grübeln gekommen, als das Südwestfunk-Fernsehen im Jahre 2000 eine Dokumentation über Wünschelrutengänger ausstrahlte und Winfried Caspari in einem Live-Interview als Sachverständiger dazu Rede und Antwort stand. Jedenfalls fand Winfried unseren Bauplatz „wasseraderfrei“. Trotzdem spürte er etwas durch die Wünschelrute und kam zum Ergebnis, dass etwas anderes in der Erde verborgen war, das sein Interesse fesselte. Und er wurde fündig.
Die Geschichte der Eisenindustrie
Winfried Caspari hatte bereits bewiesen, dass im Hochmittelalter in Schmißberg Eisen produziert wurde. Er vermutete, dass unser Baugrundstück noch im Bereich eines überregional bedeutsamen Zentrums der Schmiedetätigkeit lag. Eine erste Spur nahm er auf, als er während des Baus der Brücke über die B 41 bei Elchweiler, Schlackehaufen und Tonscherben fand. „Das Zentrum der Eisenindustrie in Schmißberg – wenn man von einer solchen sprechen kann – befand sich an der Stelle, auf der heute das Haus von Günter Geiß steht“, so Winfried Caspari. (alle Zitate aus Nahe Zeitung 5./6. März 1994).
Funde mitten im Ort
Tatsächlich fand Winfried bei den Ausschachtungsarbeiten zum Haus von Günter und Manuela Geiß (Hohe Wiese 2) die Grundmauern eines Gebäudes von 25 Meter Länge – für das Hochmittelalter eine sehr, sehr große Anlage. Insgesamt hatte er auf und um das Gelände meiner Schwiegereltern Erich und Anita Geiß Reste von drei „Rennfeueröfen“ ausgegraben. Diese Öfen gelten als die ältesten Zeugnisse für Kupfererzschmelzen im Hunsrück – Mosel Raum und stammen vermutlich aus der Zeit um 1200 n. Chr. Urkundlich zum ersten Mal erwähnt wird Schmißberg im Jahre 1367.
Hobbyarchäologe und Heimatforscher Caspari bei der Arbeit
Winfried Caspari mach wichtige Entdeckungen
Immer wieder fand Winfried Caspari weitere Indizien für eine größere Produktionsstätte in der Mitte des heutigen Ortes Schmißberg, so z.B. Eisenschlacken, ganze Erzstücke und verkohltes Holz sowie zahlreiche Tonscherben, die nach einer Untersuchung des Landesmuseums nachweislich aus dem 13. oder 14. Jahrhundert stammten. Dabei war der Hobbyarchäologe im besten wissenschaftlichen Sinne detailbesessen. Unter dem Garten von Erich und Anita Geiß erstreckten sich die Grundmauern eines weiteren Gebäudes. Dort fand er Holzstücke, die allesamt von Bäumen und Sträuchern stammten, die nicht älter als ein paar Jahre waren. „Also war auch zu jener Zeit der Wald um Schmißberg weitgehend abgeholzt und man musste notgedrungen bereits Hecken- und Niederwaldwirtschaft betreiben.“ Ein Phänomen, das die Archäologen von allen anderen Hüttenstandorten, wie z.B. Abentheuer, bereits kannten.
Caspari, im Beruf Zivilangestellter
Winfried Caspari, im Beruf Zivilangestellter bei der Bundeswehr in Idar-Oberstein, war Autodidakt und befasste sich schon als junger Mann leidenschaftlich mit der Geologie des Schmißberger Tales, dem Studium alter Quellen und konnte sich auch aus Gesprächen mit alten Schmißbergern Teile seines archäologischen Bildes über seine Heimatgemeinde zusammenstellen. So berichtete er, dass sich der verstorbene Kurt Mayer an ein Gespräch mit seinem Vater erinnerte, der von schweren Eichenbalken gesprochen hatte, die beim „Schanzen“, dem Einebnen von Hügeln, vorgefunden wurden. Die Hügel und die Lage der Gebäude, die also Anfang des vorigen Jahrhunderts noch sichtbar waren, passen genau zum Bild, welches Winfried über die Existenz der historischen Kupferschmelze zeichnete.
Entdeckung einer genialen Erfindung
„Einiges Kopfzerbrechen bereitete mir eine Pfostenreihe, die nur noch durch eine Humusschicht und mehrere Keilsteine erkennbar war. Sie zog sich in einem Abstand von 1,50 Meter hangabwärts zu dem Schmelzofen hin. Der Niveauunterschied zwischen dem kleinen Gebäude und dem Ofen beträgt rund drei bis vier Meter.“ Durch das intensive Studium von Standardwerken über die mittelalterlichen Verhüttungsmethoden erkannte Winfried die Funktion: „Über eine hölzerne Rutsche wurden Eisenerz, Holzkohle und Kalk dem Ofen zugeführt, was eine bedeutende Erleichterung für die Arbeiter jener Zeit war.“ Kurz: Schmißberg trägt zu Recht den schmiedeeisernen Amboss in seinem Gemeindewappen.
Römische Gräber und keltische Funde
Nachdem 1955 das Denkmalamt Trier auf einem Acker am „Schmißberger Eck“ (Gemarkung Elchweiler) ein Grabdenkmal ausgegraben hatte, entdeckte Winfried Caspari 1985 hier das spätaugustinische Mädchengrab (14 n. Chr.) und legte dies – fachgerecht wie ihm von Wissenschaftlern bescheinigt wurde – frei. Überhaupt pflegte Winfried intensive Kontakte zum Landesmuseum nach Trier und bestimmt ist es auch zu einem Großteil seinem Einsatz zu verdanken, dass bei Ausgrabungs- und Forschungsarbeiten 1994 und 1998 und im Jahr 2000 die Geschichte des römischen Gräberfeldes am Schmißberger Eck vom Institut für Vor- und Frühgeschichte der Universität Kiel erhellt wurde. Es konnte eine kontinuierliche Belegung der Gräberfelder vom 1. Jh. v. Chr. bis in die römische Zeit 3. Jh. n. Chr. nachgewiesen werden.
Historische Grabkammer gefunden
Winfried Caspari entdeckte hierbei eine reich ausgestattete Grabkammer aus der Zeit von etwa 50 n. Chr. mit über 20 Gefäßen, Messern, einer Eisenfibel, einem Gürtelring aus Bronze und weiteren Grabbeigaben. Seine Verdienste werden auch zu Recht am dortigen, nachgebauten „Sirona-Tempel“ erwähnt. Er selbst schrieb in einem Bericht über die Ausgrabungsarbeiten im Jahr 2000: „Es war ein großes Erlebnis, mit jungen hochmotivierten Wissenschaftlern und ihrem Professor zusammenzuarbeiten und von ihnen auch als Laie mit Spürsinn und Ausdauer voll integriert zu werden.“
Dorfchronik
Dieser Artikel ist Teil der im Herbst 2022 erschienenen Schmißberger Dorfchronik „Schmißberg 1367 bis 2022“. Die Chronik mit mehr als 230 Seiten kann zum Preis von 23 Euro bei Ortsbürgermeister Rudi Weber (06782 – 40439) erworben werden.
Bei Aufforstungsarbeiten im Februar 1991 fand Winfried im Bereich des römischen Landhauses von Schmißberg auch mehrere keltische Schleudergeschosse aus Stein. Es waren dies die ersten Funde ihrer Art im Birkenfelder Land. Außerdem fand er dort drei Tongefäße, handgemachte Keramik, die aus der Zeit 600 bis 475 vor Christus stammen, also aus der Zeit der älteren Hunsrück-Eifel-Kultur. Diese und andere Fundstücke sind heute in verschiedenen Museen zu besichtigen.
Unser Nachbar Winfried Caspari hat sich um die Erforschung der Geschichte unserer Heimat große Verdienste erworben. Er verstarb 67-jährig allzu früh im Jahr 2005.
Disclaimer – Dorfchronik
Die im Herbst 2022 erschienene Schmißberger Dorfchronik stellt eine beeindruckende Lektüre dar. Die Dorfchronik erhellt nicht nur die Geschichte Schmißbergs ab der ersten urkundlichen Erwähnung 1367, sondern behandelt auch die zahlreichen archäologischen Funde aus keltischer und insbesondere auch aus römischer Zeit. Florian Tanz vom Fachbereich Klassische Archäologie der Uni Trier stellt in der Schmißberger Dorfchronik beispielsweise in einem reich bebilderten Aufsatz die Forschungsgeschichte und die zahlreichen Befunde aus dem heutigen Schmißberger Umfeld dar.
Dorfchronik behandelt auch gesellschaftliches Leben
Daneben enthält die Dorfchronik aber auch zahlreiche Texte von Schmißbergerinnen und Schmißbergern, die das gesellschaftliche Leben der Gemeinde in der Vergangenheit und der Gegenwart abbilden. Darunter beispielsweise Berichte über die Feste in der Gemeinde sowie der Umbau des Schmißberger Schlachthauses in eine Dorfkneipe.
Die Arbeiten an der Schmißberger Dorfchronik dauerten etwas zwei Jahre. Das Buch ist während der Dorfmoderation und der Corona-Pandemie entstanden, was ein Arbeiten in Präsenz erschwerte. Herausgeber der Dorfchronik ist der Verein für Heimatkunde im Landkreis Birkenfeld.
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