Um Schmißberg wurden in den vergangenen 100 Jahren viele Funde aus römischer Zeit gemacht. Sie geben einen Einblick in diese antiken Jahre.
vom 3. Januar 2023 I von Florian Tanz
Der Sirona-Tempel bei Schmißberg informiert über die Funde vor Ort. Er ist Teil des Sirona-Weges. Der Sirona-Weg ist eine 106 Kilometer lange Erlebnisroute auf den Spuren des keltisch-römischen Kulturerbes des Nahelandes und des Hunsrücks.
Dieser Text ist zu erst in der Schmißberger Dorfchronik „Schmißberg 1367 bis 2022“ erschienen.
Die Beschäftigung mit den römischen Funden aus Schmißberg und dessen Umgebung reicht bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts zurück. Der 1843 gegründete Verein für Altertumskunde im Fürstentum Birkenfeld hatte es sich zur Aufgabe gemacht, die Geschichte des Fürstentums zu erforschen. Neben dem Sammeln von historischen Überlieferungen geschah dies auch durch eigene Grabungen. Die Funde wurden im Birkenfelder Landesmuseum aufbewahrt und durch den 1914 von Heinrich Baldes und Gustav Behrens veröffentlichten Katalog der Sammlung einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich gemacht.
Römer waren in Schmißberg aktiv
Für den Bereich von Schmißberg sind bereits die römische Siedlungsstelle im „Schmißberger Eck“ mit einer römischen Straße sowie einige Grabbefunde aufgeführt. Besonders hervorzuheben sind mehrere Skulpturfragmente aus Sandstein, welche in das 3. Jahrhundert datiert werden. Die Fragmente wurden teilweise als Hinweis auf ein Heiligtum interpretiert. Neuere Forschungen gehen davon aus, dass die Fragmente eher figürliche Bestandteile von Grabmälern darstellen.
Dorfchronik
Dieser Artikel ist Teil der im Herbst 2022 erschienenen Schmißberger Dorfchronik „Schmißberg 1367 bis 2022“. Die Chronik mit mehr als 230 Seiten kann zum Preis von 23 Euro bei Ortsbürgermeister Rudi Weber (06782 – 40439) erworben werden.
In den letzten 100 Jahren wurden aus der Umgebung von Schmißberg immer wieder römische Funde gemeldet. Besonders ist hier Herr Winfried Caspari zu nennen, von dem zahlreiche Fundmeldungen an das Rheinische Landesmuseum Trier gingen. 1985 sicherte er ein angepflügtes Mädchengrab mit reichen Beigaben. Dieser wichtige Befund wurde von Karin Polaschek aufgearbeitet und 1990 veröffentlicht. Bereits 1955 wurde in der Nähe ein großer Quaderunterbau einer Grabanlage entdeckt. Dieses nordwestlich von Schmißberg gelegene Gräberfeld im Bereich „Zielgewann/Schäferwies“ wurde in den 1990er Jahren in zwei Flächengrabungen, mit einer Nachuntersuchung im Jahr 2000, weiter untersucht. Die dabei gewonnenen Ergebnisse wurden 2000 in einem Vorbericht veröffentlicht und 2002 im Landesmuseum Birkenfeld unter dem Titel „Aus Kelten werden Römer–Ausgrabung in der keltisch-römischen Nekropole Elchweiler“ in einer Sonderausstellung präsentiert.
Südwestlich von Schmißberg, am Hang des Krausberges, befand sich ein weiteres Gräberfeld. Diese Nekropole wurde 1956 und 1978 ausgegraben und von Karl- Josef Gilles 1986 publiziert.
Übersicht über die Befunde um Schmißberg
Im Zuge des gallischen Krieges von Julius Cäsar war auch das Gebiet der keltischen Treverer Teil des römischen Reiches geworden. Unter Kaiser Augustus wurde die Provinz „Gallia Belgica“ eingerichtet, in welcher sich auch das heutige Schmißberg befindet. Durch die Anlage der römischen Straße Thalfang-Börfink-Schmißberger Eck-Nohen wurde die Region an das Verkehrsnetz des Römischen Reiches angebunden. Diese Straße fungierte vor allem als Querverbindung zu den großen Hauptstraßen Trier-Bingen-Mainz und Metz-Mainz. Ein Stück der römischen Straße wurde am „Schmißberger Eck“ rekonstruiert und ist heute Teil des Sirona-Weges. An den neuangelegten Straßen entstanden Siedlungen, sogenannte vici. Auch die bereits genannte Siedlungsstelle im „Schmißberger Eck“ wird als ein solcher vicus interpretiert. Für die Siedlungsstelle „In der Zell“ südlich von Schmißberg (Abb. 1, Nr. 3) wird eine römische Villa angenommen. Über die beiden Siedlungsstellen lassen sich bisher nur wenige Aussagen treffen. Besser sind die beiden Gräberfelder südlich und nordwestlich von Schmißberg bekannt.
Die südlich gelegene Nekropole war etwa 20 x 20 Meter groß und umfasste 100 bis 120 Gräber. Der Belegungszeitraum reichte vom frühen 2. Jahrhundert bis um die Mitte des 3. Jahrhunderts. Es fanden sich aber auch Scherben und Gruben aus keltischer Zeit.
Grabfelder über mehrere Jahre untersucht
Das nördliche Gräberfeld „Zielgewann-Schäferwies“ wurde 1994, 1998 und 2000 archäologisch untersucht. Von den Ausgräbern wurden vier Strukturen unterschiedlicher Zeitstellung festgestellt. Bei der ältesten handelt es sich um ein durch einen Spitzgraben gebildetes Viereck mit einer Seitenlänge von 29 Meter. In diesem sogenannten Grabgarten konnten noch vier Gräber nachgewiesen werden. Sie wiesen reiche Beigaben auf, wie zum Beispiel ein Bronzesieb, ein Glasgefäß und Terra-Sigillata-Gefäße. Diese römische Keramikart fällt vor allem durch ihre rote teilweise glänzende Oberfläche auf. Sie findet sich in fast allen Museen mit einer römischen Sammlung.
Auch das 1985 von Herrn Caspari gesicherte Grab lag in diesem Grabgarten. Das Brandgrab eines Mädchens im Alter zwischen 7 und 13 Jahren war reichhaltig aus- gestattet. Unter den 22 beigegebenen Gefäßen war auch ein Terra Sigillata Teller, welcher in Italien produziert wurde. Die Keramikbeigaben fallen durch ein großes Spektrum verschiedener Formen auf. Darüber hinaus fand man noch drei Spiegel aus Bronze und Fragmente von mindestens drei Fibeln. Das Grab wird in das erste Jahrzehnt des 1. Jahrhunderts datiert.
Archäologen fanden auch Waffen in den Gräbern
Auch die anderen Gräber in diesem frührömischen Grabgarten gehören in die Zeit der ersten Hälfte des 1. Jahrhunderts. Im Zentrum des Grabgartens befand sich das Grab eines etwa 60 bis 80-jährigen Mannes. Auch in diesem fanden sich reiche, teilweise importierte, Beigaben. In drei Gräbern fand man Waffenbeigaben, wie Lanzenspitzen und Schildbuckel. Diese deuten darauf hin, dass die dort Bestatteten ihren Dienst in den Hilfstruppen (auxiliarii) der römischen Legionen versahen. Die reichhaltige Ausstattung aller Gräber und ihre gemeinsame Lage in einem Grab- garten legt den Schluss nahe, dass hier über mehrere Generationen eine einflussreiche Familie der lokalen Oberschicht bestattet wurde.
Direkt neben diesem ersten Grabgarten fanden sich Reste eines zweiten von ähnlicher Größe. Seine Datierung ist bislang unklar. Er wurde jedoch schon in römischer Zeit durch ein Hügelgrab des späten 1. Jahrhunderts/frühen 2. Jahrhunderts überbaut. Von diesem konnte noch die quadratische Umfassungsmauer von 18 Meter Seitenlänge festgestellt werden. Die eigentliche Grabkammer im Zentrum des Hügels war bis auf die Fundamentgrube zerstört. Einen Eindruck vom ursprünglichen Aussehen eines derartigen Grabes vermittelt das rekonstruierte Hügelgrab von Siesbach.
Gräber nicht immer gut erhalten
Die Grabkammer des zweiten Grabhügels war nur etwas besser erhalten. Der etwa 7,37 × 3,40 Meter große Unterbau der Grabkammer bestand aus großen Sandsteinblöcken. Diese waren teilweise schon bei der Freilegung 1955 ausgebrochen worden.
Auch von der zentralen Bestattung oder von Grabbeigaben fanden sich keine Spuren mehr. In der südlichen und östlichen Ecke hingegen konnte man bei den Untersuchungen 1998 noch zwei Sandsteinbehälter ausgraben. Diese schützen die Glasurnen mit dem Leichenbrand in ihrem Inneren. In beiden Gräbern waren Kinder beigesetzt worden, von denen das eine nicht älter als vier bis sechs Monate gewesen war. Als Grabbeigaben erhielt das Kind ein kleines Glasbalsamarium und eine hochwertige Öllampe aus Bronze. Die Anlage des Grabhügels wird um die Mitte des 2. Jahrhunderts datiert.
Alfred Haffner vermutet, dass die Bestattungen in den verschiedenen Grabanlagen in einem familiären Verhältnis stehen könnten. Dies würde bedeuten, dass sich eine lokale einflussreiche Familie über mehrere Generationen ihren Status bewahrt hat. Dass diese Familie möglicherweise schon in keltischer Zeit eine größere Bedeutung innegehabt haben könnte, legen auch einige vorrömische Gräber aus der Spätlatènezeit (2. Jahrhundert v. Chr. bis ca. 15 v. Chr) nahe. Auch diese befanden sich im Bereich oder im Umfeld der späteren römischen Nekropole. Besonders hervorzuheben ist hierbei aber auch ein Brandgrab mit einem aufwändig bemalten Tongefäß als Beigabe und ein Kammergrab mit einer ebenfalls hochwertigen Ausstattung.
Anders als bei den beiden bisher bekannten römischen Siedlungsstellen, lassen sich die keltischen Siedlungsbereiche um Schmißberg bislang nicht eindeutig fassen.
Zusammenfassung – Römische Zeit
Im Umfeld von Schmißberg finden sich zahlreiche Spuren aus keltischer, aber vor allem aus der römischen Zeit. In der Nähe einer römischen Straße befand sich im „Schmißberger Eck“ eine römische Siedung, wahrscheinlich ein vicus. Südlich von Schmißberg am Hang des Krausbergs befindet sich eine weitere römische Siedlungs- stelle. Dort wird eine Villa vermutet.
Von besonderer Bedeutung sind die beiden Gräberfelder. Das südliche befindet sich ebenfalls am Hang des Krausberges. Das nördliche hingegen liegt nordwestlich des heutigen Ortes. Beide Nekropolen reichen von der keltischen bis in die römische Zeit und enthielten teilweise reiche Beigaben. Für das nördliche Gräberfeld kann angenommen werden, dass eine einflussreiche Familie hier über längere Zeit ihre Verstorbenen bestattete. Anhand der Grabbeigaben lassen sich interessante Einblicke in den Übergang von der keltischen in die römische Epoche der Schmißberger Umgebung gewinnen. Die Ergebnisse der archäologischen Untersuchungen dieses Gräberfeldes werden heute in einem Informationspavillon als Teil des Sirona-Weges präsentiert.
Literatur
Baldes (1914) — H. Baldes, mit einem Beitrag von G. Behrens, Birkenfeld: Samm- lung des Vereins für Altertumskunde im Fürstentum Birkenfeld. Kataloge west- und süddeutscher Altertumssammlungen 3 (Frankfurt a.M. 1914).
Geiß-Dreier (2006) — R. Geiß-Dreier, Sironas verborgene Schätze, in: Mitteilungen des Vereins für Heimatkunde im Landkreis Birkenfeld; 80 (2006). S. 164–195.
Gilles (1986): K.-J. Gilles, Das römische Gräberfeld von Schmißberg, Kreis Birken- feld, in: Trierer Zeitschrift; 49 (1986). S. 229–249.
Goethert-Polaschek (1990) — K. Goethert-Polaschek, Ein reiches Mädchengrab der augusteischen Zeit aus Elchweiler, Kreis Birkenfeld, in: Trierer Zeitschrift; 53 (1990). S. 241–280.
Grub (2002) — A. Grub, Aus Kelten werden Römer: Sonderausstellung im Museum des Vereins für Heimatkunde im Landkreis Birkenfeld in Birkenfeld. in: Mittei- lungen des Vereins für Heimatkunde im Landkreis Birkenfeld; 76 (2002). S. 175– 181.
Haffner 2000) — A. Haffner zusammen mit F. Kapelle, C. Möller, O. Nakoinz, O. Schertlein, S. Scholz, Die keltisch-römische Nekropole von Elchweiler-Schmiß- berg bei Birkenfeld: Ein Vorbericht, in: Mitteilungen des Vereins für Heimat- kunde im Landkreis Birkenfeld; 74 (2000). S. 11–20.
Disclaimer – Dorfchronik
Die im Herbst 2022 erschienene Schmißberger Dorfchronik stellt eine beeindruckende Lektüre dar. Die Dorfchronik erhellt nicht nur die Geschichte Schmißbergs ab der ersten urkundlichen Erwähnung 1367, sondern behandelt auch die zahlreichen archäologischen Funde aus keltischer und insbesondere auch aus römischer Zeit. Florian Tanz vom Fachbereich Klassische Archäologie der Uni Trier stellt in der Schmißberger Dorfchronik beispielsweise in einem reich bebilderten Aufsatz die Forschungsgeschichte und die zahlreichen Befunde aus dem heutigen Schmißberger Umfeld dar.
Dorfchronik behandelt auch gesellschaftliches Leben
Daneben enthält die Dorfchronik aber auch zahlreiche Texte von Schmißbergerinnen und Schmißbergern, die das gesellschaftliche Leben der Gemeinde in der Vergangenheit und der Gegenwart abbilden. Darunter beispielsweise Berichte über die Feste in der Gemeinde sowie der Umbau des Schmißberger Schlachthauses in eine Dorfkneipe.
Die Arbeiten an der Schmißberger Dorfchronik dauerten etwas zwei Jahre. Das Buch ist während der Dorfmoderation und der Corona-Pandemie entstanden, was ein Arbeiten in Präsenz erschwerte. Herausgeber der Dorfchronik ist der Verein für Heimatkunde im Landkreis Birkenfeld.
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