Der Schmißberger Hobbyarchäologe Winfried Caspari machte einen seiner größten Funde in der „Hohen Wiese“ im Jahr 1994. Dort fand er Überreste eines Rennfeuerofens – ein Nachweis für die einst in der Gemeinde ansässige Eisenindustrie.
vom 26. März 2023 I von Stefan Conrad
Dieser Text ist zu erst in der Schmißberger Dorfchronik „Schmißberg 1367 bis 2022“ erschienen.
Geahnt hatte er es schon länger, 1994 ist er der Geschichte seines Heimatortes ein weiteres Stück nähergekommen. Winfried Caspari aus Schmißberg ist immer zur Stelle, wenn in und um Schmißberg ein Loch gegraben wird. Caspari hatte bereits mit sensationellen Funden wie dem keltischen Grab des „Elchweiler Treverermädchens“ von sich reden gemacht.
Winfried Caspari fand bei Baggerarbeiten die Reste eines dritten Rennfeuerofens. Sie sind mithin die ältesten Zeugen für eine Kupfererzschmelze im Hunsrück-Mosel-Raum. Dass der Ort bereits um 1.200 ein Zentrum der Schmiedetätigkeit war, kann Caspari indes noch immer nicht hundertprozentig beweisen. Bereits 1983 hatte der Hobbyarchäologe die Reste zweier solcher hochmittelalterlichen Lehmöfen gefunden. „Leider war auch dieser Schmelzofen durch die Abflussrohre eines großen Teiches fast völlig zerstört. Die eigentliche Höhe war nicht mehr feststellbar.“ Deutlich erkennbar war allerdings noch die ovale Form und der Ansatz einer Schlackenrinne. Diese war seitlich durch Steine begrenzt. Die Fugen waren mit Lehm abgedichtet.
Dorfchronik
Dieser Artikel ist Teil der im Herbst 2022 erschienenen Schmißberger Dorfchronik „Schmißberg 1367 bis 2022“. Die Chronik mit mehr als 230 Seiten kann zum Preis von 23 Euro bei Ortsbürgermeister Rudi Weber (06782 – 40439) erworben werden.
Ein weiterer Schlackenhorizont wurde in der angrenzenden Baugrube gefunden. Der zog sich – das ergaben die anschließenden Sondierungsgrabungen des Rheinischen Landesmuseums Trier – sechs Meter talwärts. „Hier konnte ich verschiedene Eisenschlacken und ganze Erzstücke bergen. Außerdem ein Stück gespaltenes Holz, welches wahrscheinlich als Brennmaterial einem Röstofen zuzuordnen ist.“ Allesamt Indizien für eine größere Produktionsstätte.
„Leider sind hier durch Straßenbau und dichte Bebauung weitere Untersuchungen nicht mehr möglich“, erzählt der Zivilangestellte der Bundeswehr, der mittlerweile für sein archäologisches Gespür auch bei Fachleuten gefragt ist. Mit den Erdmassen des zur Hauptstraße sich hinziehenden Hügels wurde beim Straßenbau das Tal aufgefüllt. „Dabei wurden sicherlich auch die Überreste von Gebäuden, weiteren Öfen, Wasserrädern und Pochwerk vernichtet.“
Dennoch hat sich der Autodidakt durch intensive Beschäftigung mit der Geologie des Tales, dem Studium vieler alter Quellen und vor allem anhand von Gesprächen mit alten Schmißbergern ein Bild des Ortes im Jahre 1.400 zusammengepuzzelt: „So erinnert sich der verstorbene Kurt Mayer an ein Gespräch mit seinem Vater, der von schweren Eichenbalken gesprochen hatte, die beim Schanzen (dem Einebnen von Hügeln) vorgefunden wurden.“ Hierbei handelte es sich nach Casparis Ansicht um die Überreste von Gebäuden, die also vor 80 bis 100 Jahren noch sichtbar waren.
Großes Gebäude gefunden
„Das Zentrum der Eisenindustrie in Schmißberg – wenn man von einem solchen sprechen kann – befand sich an der Stelle, auf der heute das Haus von Günther Geiß steht,“ spekuliert Caspari. Tatsächlich fand er, der stets zur Stelle ist, wenn in und um Schmißberg ein Loch gegraben wird, bei den Ausschachtungsarbeiten zu diesem Wohnhaus die Grundmauern eines Gebäudes von 25 Meter Länge – für das Hochmittelalter riesig. Schon damals machte ihn ein großer, gestampfter Lehmfußboden neugierig. Außerdem fand Caspari in zwei Meter Tiefe zahlreiche Tonscherben, die nach einer Untersuchung des Landesmuseums aus dem 13. oder 14. Jahrhundert datieren.
Auch in der Nachbarschaft wurde Caspari fündig. „Auch das Haus Pauli sowie das angrenzende Wiesen-und Gartengelände von Erich Geiß und der Platz, an dem heute der Neubau von Rudi Weber steht, gehören zu dem historischen Schmelzbezirk, der nach Südosten durch einen noch vor der Flurbereinigung vor wenigen Jahren sichtbaren, 50 Zentimeter hohen Erdhügel begrenzt war.“ Die Detaillust des Schmißberger Heimatforschers geht noch weiter: „Neben und unter dem Garten von Erich Geiß erstrecken sich die Grundmauern eines weiteren, kleinen Gebäudes.“ Dort fand Caspari zahlreiche Holzkohlestückchen, die allesamt von Bäumen oder Sträuchern zu stammen schienen, die nicht älter als ein paar Jahre waren. „Also war auch zu jener Zeit der Wald um Schmißberg weitgehend abgeholzt, und man mußte notgedrungen bereits Hecken- und Niederwaldwirtschaft betreiben.“ Umweltzerstörung anno 1300, 1400. Und ein Phänomen, das die Archäologen von allen anderen bekannten Hüttenstandorten dieser Zeit, wie etwa Abentheuer, bereits kennen.
Eisenindustrie könnte Grundlage für Landwirtschaft gewesen sein
Nur für kurze Zeit ließ sich diese Art von Notwaldwirtschaft betreiben. Wenn die Ausschlagkraft der Stöcke nachließ, bedeutete dies zumeist auch das Ende des Hüttenstandortes. Was übrig blieb, war Ödland mit Bewuchs von Heidekraut, Ginster und höchstens noch ein paar krüppeligen Birken. Für diese Ödflächen, die sich notgedrungen um größere Ansiedlungen herum befanden, wurde schon bald der „Brandwaldfeldbau“ begründet, bei dem nach dem Abbrennen der Bodendecke eine landwirtschaftliche Nutzung möglich war. Vielleicht war also die marode Eisenerzindustrie die Grundlage für die jahrhundertelange Landwirtschaft in Schmißberg.
Zur Arbeitserleichterung
„Einiges Kopfzerbrechen bereitete mir eine Pfostenreihe, die nur noch durch eine Humusschicht und mehrere Keilsteine erkennbar war.“ Sie zog sich in einem Abstand von 1,50 Meter hangabwärts zu dem Schmelzofen hin. „Die Pfosten hatten einen Durchmesser von 26 Zentimetern. Der Niveauunterschied zwischen dem kleineren Gebäude und dem Ofen beträgt rund drei bis vier Meter.“ Erst durch das Studium von mehreren Standardwerken über die Geschichte des Eisens und der mittelalterlichen Verhüttungsmethoden wurde Caspari die Funktion deutlich: „Über eine hölzerne Rutsche wurden Eisenerz, Holzkohle und Kalk dem Ofen zugeführt, was eine bedeutende Erleichterung für die Arbeiter jener Zeit war.“
Der Trierer Archäologe Dr. Josef Gilles hat in seinem Grabungsbericht den Schmelzvorgang in einem Rennfeuerofen anschaulich dargestellt: „Die Öfen bestückte man mit einem Gemisch aus Holzkohle und Erz und brachte sie durch Luftzufuhr zur Reaktion. Schon bei 700 Grad Celsius setzte die Reduktion des Erzes ein. Bei Temperaturen von 1.300 Grad erschmolz man dann einen teigartigen Stahl, die sogenannte Luppe, und eine schwarze flüssige Schlacke,“ von der Caspari jetzt zahlreiche Stücke bergen konnte. Während die Schlacken auf Halden landeten, wurde die noch „unreine Eisenluppe“ unter ständigem Schmieden von weiteren Schlackenresten befreit. „Als Endprodukt erhielt man ein widerstandsfähiges, formbares Stück Schmiedeeisen,“ schildert Gilles. Zwar hätte man bei diesen hohen Temperaturen das Erz gleich zu Eisen weiterschmelzen können, doch – so Gilles – „war man damals noch nicht in der Lage, Roheisen wegen der hohen Zahl an Eisenbegleitern wie Kohlenstoff, Silizium, Phosphor und Schwefel, zu Stahl zurück zu verarbeiten.“
Erz aus Elchweiler?
Unklar ist bislang noch, woher das Erz für die Schmißberger „Industrie“ kam. Nach Casparis Recherchen hatten bereits die Heimatgeschichtler Hans Anacker und Professor Baldes von Erzlagerstätten im benachbarten Elchweiler berichtet. Noch bis vor etwa 100 Jahren wurden danach dort Eisenerze im Tagebau abgegraben.
Bereits bei seinem „Treverermädchen“ – Fund hatte Caspari im Grab ein Erzstück gefunden. Dabei handelte es sich um einen Hinweis auf den hohen Wert des Metalls in der damaligen Zeit. Caspari vermutet die Abbaustätte in einer Gemarkung, die heute „Etzelbach“ genannt wird.
Bei Elchweiler waren bereits beim Bau der Brücke über die B 41 Schlackenhafen und Tonscherben gefunden worden. Diese lassen daraufschließen, dass im Tal mit seinen günstigen Windverhältnissen bereits zu römischer Zeit Erze geschmolzen wurden.
Disclaimer – Dorfchronik
Die im Herbst 2022 erschienene Schmißberger Dorfchronik stellt eine beeindruckende Lektüre dar. Die Dorfchronik erhellt nicht nur die Geschichte Schmißbergs ab der ersten urkundlichen Erwähnung 1367, sondern behandelt auch die zahlreichen archäologischen Funde aus keltischer und insbesondere auch aus römischer Zeit. Florian Tanz vom Fachbereich Klassische Archäologie der Uni Trier stellt in der Schmißberger Dorfchronik beispielsweise in einem reich bebilderten Aufsatz die Forschungsgeschichte und die zahlreichen Befunde aus dem heutigen Schmißberger Umfeld dar.
Dorfchronik behandelt auch gesellschaftliches Leben
Daneben enthält die Dorfchronik aber auch zahlreiche Texte von Schmißbergerinnen und Schmißbergern, die das gesellschaftliche Leben der Gemeinde in der Vergangenheit und der Gegenwart abbilden. Darunter beispielsweise Berichte über die Feste in der Gemeinde sowie der Umbau des Schmißberger Schlachthauses in eine Dorfkneipe.
Die Arbeiten an der Schmißberger Dorfchronik dauerten etwas zwei Jahre. Das Buch ist während der Dorfmoderation und der Corona-Pandemie entstanden, was ein Arbeiten in Präsenz erschwerte. Herausgeber der Dorfchronik ist der Verein für Heimatkunde im Landkreis Birkenfeld.
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